
Unterzeiring
Richtstätten: Makabre Forschung – Ein Sammelsurium der Grausamkeiten
Selbst für hartgesottene Archäologen sind solche Funde nicht alltäglich – allerdings mussten sie ja damit rechnen. Schließlich fand hier im Birkachwald in Unterzeiring im Murtal, die erste archäologische Grabung an einer historischen Hinrichtungsstätte in der Steiermark statt. Als die Skelette frei gelegt wurden, war klar, hier wurden über Jahre hinweg Leichen an Ort und Stelle verschart. Für den Verein Archäologie Pölstal ein überaus wertvoller wenn auch makabrer Wissensschatz.
Die Forscher stellten fest, dass Mord-Fantasien keine Grenzen gesetzt waren. Die Überreste der Leichen weisen Verletzungen durch Rädern, Verstümmeln, Köpfen und Vierteilen auf. Eines der Opfer – laut Forensikern war es zum Todeszeitpunkt zwischen 30 und 35 Jahre alt – hat sich vor der Hinrichtung selbst mit seinen Handfesseln stranguliert. Die Wissenschaftler vermuten, dass sie auf einem Feld graben, in dem mehr als 200 Leichen liegen.
Es ist eine Urkunde aus dem Jahr 1574, die uns diesen Ort historisch näher bringt: „Ein Acker, gelegen unter der Niederen Zeiring im Stolfeld gelegen gegen den galgen“ wurde verkauft. Besagter Galgen oder „das Gericht“, wie man ihn damals auch nannte, war ursprünglich aus Holz. Als er 1740 durch einen Sturm umgeworfen wurde, errichtete die Landgerichtsherrschaft Reifenstein eine Portalkonstruktion mit zwei gemauerten Säulen. Diese steinernen Säulen prägen heute noch die Landschaft.
Man geht davon aus, dass an dieser Stelle ab dem 14. Jahrhundert 200 Jahre lange jährlich etwa zwei Personen hingerichtet wurden, an dieser Stelle wurde zudem jede erdenkliche Tötungsart vollzogen, auch Körperstrafen wie etwa das Abhacken der Hände.
Übrigens: Mit der Strafprozessordnung vom 23. Mai 1873 wurden Todesstrafen nicht mehr öffentlich vollzogen. Die letzte Hinrichtung in der Steiermark fand 1949 (!) statt.
Info: In ganz Europa sind rund 80 Hinrichtungsstätten archäologisch aufgearbeitet, Unterzeiring war das erste derartige Projekt in der Steiermark. Heute zählt man noch zehn Richtstätten, die in der Steiermark weithin sichtbar sind. Zur Zeit Maria Theresias befanden sich in der Steiermark (samt Untersteiermark) nicht weniger als 124 solcher „Landgerichte“ – mit den heutigen Grenzen waren es immerhin noch 75. Die ältesten Galgen lassen sich aufs 13. Jahrhundert datieren und standen in Admont, Landskron/Bruck, Waldstein, Voitsberg, Birkfeld, Thalberg/Friedberg, Stainz, Eibiswald und Arnfels.
Text: Robert Preis
Buchtitel: „111 schaurige Orte in der Steiermark die man gesehen haben muss!
Verlag: Emons