11/2021 – Interview mit Joe Fischler
Hallo Joe, die Zeit vergeht, Du warst heuer auch beim 7. Fine Crime Festival vertreten, tingelst als gefragter Autor mittlerweile auch regelmäßig ins Ausland. Gehts Dir gut? Bist Du zufrieden?
Mir geht es gut, danke! Ich freue mich, endlich wieder zu Lesungen reisen zu dürfen und in direkten Kontakt mit meinen Leser*innen zu kommen. Was die Zufriedenheit angeht: Dafür, dass mein Thriller-Debüt „Das Spiel“ mitten in der Corona-Pandemie erschienen ist, freue ich mich sehr über das Resultat. Auch der zweite Thriller „Die Nacht“ läuft angesichts der Umstände sehr gut. Schon ohne Corona ist es eine riesige Herausforderung, sich im überregionalen Spannungsmarkt zu etablieren. Es ist toll, dass beide Bücher wochenlang in der SPIEGEL-Bestseller-Liste waren und die Rückmeldungen aus der Thriller-Community so positiv ausfallen.
Wir erinnern uns: Beim 1. Fine Crime hast Du Dich bei der Lesung in Graz auf den Tisch gestellt. So etwas merkt man sich: War das eine spontane Idee, oder lässt Du Dir solche Aktionen zuvor ganz bewusst durch den Kopf gehen?
Das war eine sehr spontane Idee – manchmal überrasche ich mich bei Lesungen selbst. Aber ich würde mich heute nicht mehr auf Tische stellen. Man wird ja schließlich älter.
Du bist mittlerweile auch unter dem Pseudonym Jan Beck erfolgreich. Was ist schreiberisch der große Unterschied zwischen Joe und Jan?
Als Jan Beck schreibe ich härter und in einem anderen Setting. Die Serie ist urban, europäisch und schnell. Sprache und Stil sollen vor allem den Lesefluss fördern. Als Joe Fischler schrieb ich sehr humorvoll, was bei Jan Beck nicht der Fall ist. Die Unterschiede sind also groß, und genau darin liegt für mich auch der schriftstellerische Reiz. Es freut mich, dass meine harten europäischen Thriller genauso authentisch empfunden werden wie meine Tirol-Krimis, von denen ich – auch durch Corona – abgekommen bin.
Und als Live-Performer? Wie unterscheiden sich die beiden?
Ich unterscheide nicht zwischen den beiden Namen, aber meine Auftritte sind ruhiger und persönlicher geworden. Wie schon erwähnt, stelle ich mich nicht mehr auf Tische, und auch die Gitarre und der Beamer bleiben zu Hause. Ich habe gemerkt, dass es am besten ankommt, einfach nur ich selbst zu sein. Ich lese, erzähle und beantworte Fragen. Die Rückmeldungen darauf sind so positiv, dass Lesungen zu einer wichtigen Kraftquelle für mich geworden sind.
Jan Beck – hat es mit dem Namen eine tiefere Bewandtnis?
Jan kann man sich als Kurzform von Johann denken (meinem eigentlichen Vornamen), und Beck war der Nachname meines allerersten Pseudonyms Halvar Beck. Der Name Jan Beck ist griffig und gefällt mir, aber mehr steckt nicht dahinter.
Ist das Experiment mit dem Pseudonym geglückt? Man muss sich seine Anhängerschaft ja doch wieder von vorne erkämpfen mit einem neuen Namen. Oder nicht?
Klar ist es ein Neustart, aber das ist ja auch gut, weil man frei von Erwartungshaltungen ist. Ich war überrascht, wie viele Fans meiner Joe Fischler-Bücher den Sprung zu Jan Beck mitgemacht haben. Das zeigt, wie flexibel die Leserschaft ist. Erfreulicherweise wünschen sich fast alle neue Thriller von mir, während nur wenige die Tirol-Krimis vermissen. Das bestätigt den Wechsel zum Thriller-Pseudonym, während es weiterhin möglich bleibt, als Joe Fischler humorvolle Bücher zu schreiben.
Wie arbeitest Du eigentlich? Also wie sieht es bei Dir aus, wann setzt Du Dich an den Schreibtisch? Sitzt Du überhaupt?
Ich sitze ganz normal am Schreibtisch, meistens schon früh am Morgen, in meinem Innsbrucker Schreibbüro. Ich habe eine große Plottafel, auf der ich meine Bücher strukturiere. Die meiste Zeit über bin ich am Bildschirm und tippe meine Geschichten in die Tastatur.
Quälst Du Dich beim Schreiben oder geht Dir alles leicht von der Hand?
Ich empfinde das Schreiben wie eine Therapie. Unsere Welt ist ziemlich durchgeknallt. Eine toxische Stimmung liegt in der Gesellschaft und wird von sozialen Medien noch verstärkt. Vieles, was mich belastet, werde ich durchs Schreiben wieder los.
Kurze Zwischenfrage: Dreht sich bei Dir immer alles ums Schreiben? Was begeistert Dich sonst noch?
Ich mache gern Sport, lese viel und reise. Außerdem mag ich alles, was mit Fliehkraft zu tun hat, also Gokarts, Achterbahnen und so weiter.
Was ist Dein größter Zeitfresser?
Die sozialen Medien sind ein unverzichtbarer Bestandteil des Autorenlebens geworden, stellen aber tatsächlich den größten Zeitfresser dar. Es ist nicht leicht, eine gute Balance zwischen dem Schreiben und der Außenkommunikation zu finden. Ich versuche, mich nur einmal täglich darauf zu konzentrieren, und das funktioniert ganz gut.
Und was Dein größter Zeitschenker? (Du hast freie Interpretationswahl zur Bedeutung des Wortes)
Die Bahn! Ich liebe es, mit dem Zug zu Buchmessen und Veranstaltungen zu reisen, weil ich dort so gut arbeiten kann. Während die Reisezeit „wie im Flug“ vergeht, erledige ich mein tägliches Schreibpensum und komme trotzdem – oder gerade deshalb – entspannt am Zielort an.
Bei jedem Autor ist spannend, woran er gerade arbeitet. Bei Dir noch mehr, da Du ja mehrere Personen bist :-). Verrätst Du uns etwas über künftige Projekte?
Es wird mit den Thrillern weitergehen. Im Sommer 2022 soll schon der nächste von Jan Beck erscheinen – mehr kann ich aber leider noch nicht verraten.
Wann wirst Du wieder Live zu sehen sein?
Auch in der Steiermark?
Auf Einladung immer gerne, ich habe sehr positive Erinnerungen an meine Lesungen bei euch!
Vielen Dank für das Gespräch :-)!